G20 YEA Summit in Hamburg

Erfahrungsbericht über die erstmalige Teilnahme am G20 YEA Summit in Hamburg als Delegierte für Deutschland

(Gastbeitrag – Clarissa Glück)

Wenige Wochen vor dem G20-Gipfel in Indonesien traf sich die G20 Young Entrepreneurs‘ Alliance (YEA) am 27. und 28. Oktober 2022 in Hamburg. Ziel der G20 YEA ist es, sich über Grenzen hinweg zu vernetzen und unternehmerische Perspektiven in den G20-Prozess in die Politik einzubringen.

Bei der G20 Young Entrepreneurs‘ Alliance handelt es sich um eine Allianz der wichtigsten globalen Jungunternehmerverbände der G20-Länder. Die Wirtschaftsjunioren Deutschland wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nominiert, um die Interessen der deutschen Jungunternehmer in der Allianz zu vertreten. 

Die Allianz unterzeichnete auf dem G20-YEA-Gipfel ein gemeinsames Communiqué. In dem Communiqué fordert die junge Generation der Weltwirtschaft die G20-Staaten auf, bei der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit viel entschlossener und konsequenter zu handeln. Im Namen der G20-Staats- und Regierungschefs wurde das Communiqué in Hamburg an den indischen Botschafter übergeben. Indien ist der Gastgeber des G20-Gipfels 2023.

Wie ich dazu kam, eine von sieben Frauen unter 27 deutschen Delegierten zu sein

Über den Newsletter der Wirtschaftsjunioren Deutschland wurde ich darauf aufmerksam, dass noch Delegierte für Deutschland gesucht wurden. Den Summit hatte ich schon in den Vorjahren verfolgt und war sofort interessiert, hier mitzuwirken. 

Über die Bundesstelle der Wirtschaftsjunioren Deutschland reichte ich meine Interessensbekundung und Motivation ein. Aufgrund meiner beruflichen und ehrenamtlichen internationalen Erfahrungen und meiner Position wollte ich gerne als Delegierte für Deutschland dabei sein. Als Teil des Managementteams einer Mittelständischen Unternehmensgruppe (mit Standorten in Vietnam und Singapur) war der Bezug noch mehr da. Obwohl ich einen vorzeigbaren Track-Record hatte, war ich mir nicht sicher, ob ich ausgewählt werden würde.

Innerhalb von 24 Stunden erhielt ich die persönliche Zusage. Es war die damalige Delegationsbetreuung und Sherpa Kirsten Müller, die nun als Präsidentin der G20 YEA Deutschland amtiert. 

Zum ersten Mal nahm ich also als Delegierte für Deutschland teil und war unter insgesamt 27 deutschen Delegationsmitgliedern eine von sieben Frauen – laut Veranstaltungsleitung ein neuer Rekord des deutschen Frauenanteils.

Wie ich neue Perspektiven gewann

Ich konnte es erst nicht fassen, dass ich ausgewählt wurde. Als sich die Information manifestierte bereitete ich mich mit großer Freude und gleichermaßen großer Demut auf den Summit vor. Ich las Berichte aus den Vorjahren, ich studierte die Delegationsinformationen und ich stöberte in der G20 YEA App, deren Zugang die Delegierten aller Länder erhielten, um sich zu vernetzen. Bereits vor dem Summit ergab sich somit Kontakt zu anderen Delegierten aus unterschiedlichen Ländern. Länder, in denen ich teilweise selbst noch nie persönlich war. Die Vita der Personen war stets geprägt von großem Engagement und Verantwortung. Ich persönlich fühlte mich geehrt, Teil eines solchen Netzwerkes zu sein und war gespannt auf den Summit. 

Es schlich sich gleichzeitig ein innerer Druck ein, auf die Aufgabe, die vor mir lag. Würde ich hier reinpassen, würde mir jemand zuhören? Welche Themen bewegen die Delegierten der anderen G20 Länder?

Austausch innerhalb der deutschen Delegation

Das deutsche Delegationsteam hatte sich bereits über einen Messenger vorab ausgetauscht. Hier fand ich heraus, dass mehrere Personen der Wirtschaftsjunioren Hanseraum Teil der Delegation waren, was mich persönlich sehr freute. Auch ein mir bekanntes Gesicht, welches ich lange nicht gesehen hatte aus meinem vorherigen Kreis in Süddeutschland fand ich hier. Es überraschte uns beidseitig positiv. 

Aus meinem eigenen Kreis Hannover war Thomas Hoppe dabei.

Auch in der internationalen Messenger Gruppe wurde bereits vorab nach Vernetzung gesucht. So kam es, dass man vor Ort tatsächlich schon das ein oder andere Gesicht erkannte, ohne es vorab jemals persönlich gesehen zu haben.

In unserem deutschen Delegationsbriefing vor Ort erhielten wir Informationen, was von uns als diesjähriger Gastgeber erwartet wurde, welche Hürden der Kommunikation oder kultureller Art es geben könnte und welche Ziele wir verfolgten. Wir tauschten uns untereinander aus. Neben vielen Wiederholungsgängern, die von vorherigen Gipfeln erzählen konnten, gab es auch neben mir einige First-Timer.

In den gemeinsamen Gesprächen innerhalb der deutschen Delegation wurden schnell fachliche Themen zur Sprache gebracht. In Vorbereitung auf eine Podiumsdiskussion zu Diversity bat uns Burcu Arslan um unsere Perspektiven und wir vertieften uns in interessante Gespräche mit weiteren Delegierten zum Thema Allyship. Perspektiven, die ich selbst nicht auf dem Schirm hatte, wurden zur Sprache gebracht und wir alle waren bereits sehr erstaunt wie bereichernd der innerdeutsche Austausch zu Themen auf der internationalen Bühne war. 

Female Empowerment

Wir sieben Frauen waren verwundert über den geringen Frauen-Anteil, jedoch zeitgleich überrascht, dass dies ein neuer Rekord war. Umso mehr wurde mir die Bedeutung meines persönlichen Engagements und des Austausches untereinander bewusst. Meine persönliche Verantwortung, dass ich noch mehr tun, noch mehr Themen vorantreiben, aufzeigen oder andere befähigen kann, sich selbst zu engagieren.

Im Communiqué 2022 nennt die G20 YEA explizit die Förderung von Frauen und Randgruppen als wichtigen Faktor, um eine Erholung der Weltwirtschaft in Gang zu setzen. Weiterhin setzt sich die Allianz für einen ausgedehnteren und inklusiveren Zugang zu Start-up-Unterstützung, unternehmerischer Bildung und digitaler Infrastruktur ein. 

Zum Communiqué von 2022 geht es hier: https://www.g20yea.com/communiques

Wie es vor Ort auf dem G20 YEA Summit Hamburg war

Der Auftakt wurde unter anderem durch ein vorab aufgezeichnetes Videogrußwort der deutschen Außenministerin Analena Baerbock getätigt. Darin appellierte sie:

„Now is the time for you young entrepreneurs to shape the global economy of the future.“

Aufgrund der Geschehnisse in Europa konnte sie nicht persönlich in Hamburg sein. Sie fand eindeutige Worte zur Bedeutung einer starken G20 Allianz, kontinuierlichem Austausch und Stärkung von Diplomatie wurden in Momenten wie der aktuellen politische Lage besonders deutlich.

Auch die G20 YEA forderte in ihrem Communiqué ein konsequentes Engagement für den Frieden.

Der Konsens in der Kommunikation mit mir bis dahin noch fremden Delegierten war stets der Gleiche: Freude über die Vernetzung auf dem Summit und die Möglichkeit etwas Sinnstiftendes für die junge Wirtschaft zu tun und an dem Austausch mit den anderen Ländern zu wachsen, sowie die Allianz zu stärken. Ich persönlich führte viele Gespräche, die mich immer wieder überraschten, inspirierten und bereicherten.

Bei einer privaten Hafentour durch Hamburg erhielt die deutsche Delegation Einblicke in den Hamburger Hafen und auch die politischen Themen hierzu wurden diskutiert. Hier eröffneten sich mir ebenfalls neue Perspektiven über China, den Blick der deutschen und chinesischen Wirtschaft, mögliche Chancen aber auch Konfliktpotential.

Meine anfänglichen Gedanken, ob ich hier reinpasste, waren vor Ort sofort überholt. Es wurde mit großem Interesse jede Person als Individuum gesehen und Neugierde für die Fähigkeiten auf beruflicher, aber auch persönlicher Ebene herrschten vor. So kam es, dass selbstverständlich am Rande der Konferenzräume gebetet wurde, ein Roboter die Teilnehmer begrüßte, Diskussionen geführt wurden, Visitenkarten getauscht wurden und das professionelle und persönliche Netzwerk um eine große Zahl an interessanten Menschen anstieg. 

Das Programm vor Ort umfasste neben dem persönlichen Austausch hervorragende Vorträge, Learnings aus Unternehmensgründungen, wertschätzende Podiumsdiskussionen und auch den gemeinsamen Gala-Abend. 

Zum Programm des G20 YEA 2022 Summit in Hamburg geht es hier: https://g20yea.wjd.de

Meine Learnings durch die G20 YEA Teilnahme als Delegierte

Als G20 YEA Alumni bewege ich mich in einem hochkarätigen internationalen Netzwerk. Ich fühle mich gestärkt in meinen Aufgaben und meiner Verantwortung, Dinge zu benennen, Menschen zu befähigen und Themen für eine gemeinsame bessere Welt voranzutreiben. Hierzu gehört es auch, Minderheiten eine Bühne zu geben, sich selbst regelmäßig zu reflektieren und den eigenen Standpunkt aus anderen Perspektiven zu hinterfragen. Auch wenn ich dies bereits vor dem Summit so gelebt habe, fühle ich mich seit dem Gipfel deutlich gestärkter darin, meine Stimme in einem Raum zu erheben, in dem es an Perspektivenvielfalt mangelt – auch um mich selbst zu hinterfragen und Menschen das Wort zu erteilen.

Bereits sechs Monate sind seit dem Gipfel vergangen und es kommt mir vor wie gestern. Nach dem Summit ist vor dem Summit- die Vorbereitungen für den G20 YEA Summit in Indien laufen auf Hochtouren. Auch wenn ich 2023 nicht dabei bin, freue ich mich auf eine erneute zukünftige Teilnahme. Die Zugehörigkeit und die Bedeutung der Allianz sind für mich deutlich spürbar. Das internationale Netzwerk, das ich daraus gewonnen habe, ist unbezahlbar. 

Ich kann jede Person nur ermutigen, sich aus ihrer Komfortzone zu bewegen, sich zu trauen und ggf. ins kalte Wasser zu springen. Denn nur mit Engagement kann man die Zukunft gestalten.

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